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'Alles neu macht der Mai'

Liebe Leserinnen und Leser!

Ich grüße Sie zum ersten Sonntag im Mai mit Versen von Hermann A. von Kamp aus dem Jahre 1829.

„Alles neu macht der Mai,
macht die Seele frisch und frei.
Lasst das Haus, kommt hinaus!
Windet einen Strauß!
Rings erglänzet Sonnenschein,
duftend prangen Flur und Hain:
Vogelsang, Hörnerklang
tönt den Wald entlang.“

 

„Alles neu macht der Mai …“ –

Diese Zeile des vor Jahren noch recht bekannten Volksliedes eines Lehrers und Schriftstellers aus dem Ruhrgebiet hat sich sprichwörtlich geradezu verselbständigt.

„Alles neu macht der Mai.“

Warum eigentlich?

Nach Zeiten des kalten und harten Winters wird der Frühling von uns Menschen heiß ersehnt. Endlich wieder mehr Licht, mehr Sonne, mehr Wärme, mehr Leben … Neuanfang.

Astrologischer Frühlingsbeginn ist der 21. März. Meteorologisch wird allerdings heutzutage bereits der 1. März notiert. Aber phänologisch sieht es oft noch ganz anders aus, je nachdem in welchen Breitengraden wir leben.

Anfang März sieht es landauf, landab vielerorts noch sehr winterlich aus.

Und so sind eher die „Eisheiligen“ (11. – 15. Mai) für viele eine Orientierungsmarke, wenn es um den Frühling geht. Erst im Mai sind in der Regel die Frostnächte und damit der Winter vorbei und z.B. die „Gartensaison“ steht an: an den Bäumen wächst das Grün, Blumen können ausgepflanzt werden, es locken Spaziergänge auch ohne „dicke Jacke“ in der freien Natur, die Sonne strahlt auf unser Gesicht und lässt uns und alles herum mit milden Temperaturen aufleben.

Wie gut tut das.

Und jetzt erst, in von Corona geprägten Zeiten.

Die Natur um uns herum ist ein Geschenk, eine Möglichkeit neu „aufzutanken“, Kraft zu schöpfen, den Alltag zu gestalten und nach vorne zu sehen … auch mitten in schweren Zeiten.

Hier kann ich etwas im Kleinen „für mich“ tun – ohne „Coronaauflagen“, ganz selbstverständlich. Und somit für alle anderen Aufgaben Kraft schöpfen, die mich und andere in dieser Zeit fordern. Denn „das Andere“ gibt es in dieser Zeit ja natürlich auch – und es ist da, genauso wie auch der Frühling da ist.

Die dritte Welle der Pandemie; anhaltend hohe Infektionszahlen, die beunruhigen; Menschen, die erkranken und sterben; berufliche Existenzen, die vor dem Aus stehen; Familien mit Kindern, die an ihre Grenzen stoßen; Senioren, die vereinsamen; Schülerinnen und Schüler, Lehrende, Erziehende in Kindertageseinrichtungen, Kulturschaffende, Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte … .

Die Liste könnte endlos weitergehen.

Ängste, Sorgen, Nöte, Leid … und immer mehr „Neiddebatten“.

Wer darf oder soll wann was? Für wen ist wann was möglich? Vom Impftermin über Urlaubsreisen, Shopping, Ladenöffnungen, Kulturangebote, Gastronomie bis hin zu Betten auf der Intensivstation. Das ist ein weites und schwer zu beackerndes Feld. Und an irgendeiner Stelle ist jeder von uns betroffen, an irgendeiner Stelle bin ich betroffen.

Wie soll das weitergehen?

Wie soll es gut gehen mit der Hoffnung auf eine gelingende Perspektive für mich und die anderen – und einem Interessenausgleich, der den Anforderungen der Pandemie, aber auch persönlichen Einzelbedarfen gerecht wird? Und das möglichst noch global gesehen? Besonders berührt hat mich dabei in diesem Nachdenken der kirchliche Monatsspruch für Mai.

Er steht im Alten Testament, in Sprüche 31, 8:

„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen.“

In diesem Vers werde ich angesprochen – und dies ganz persönlich. Mit meinen ureigenen, momentanen Befindlichkeiten.

Derjenige, der spricht, ist Gott. Und er sieht mich und auch wie es mir geht in diesem Mai. Mit meiner Persönlichkeit, meinem Umfeld, meinem Dasein, mit der Pandemie. Darauf darf ich vertrauen, das verspricht unser Glaube. In dem Gott mich anspricht, quasi per DU, macht er das ganz deutlich. Ich darf mich bei ihm mit allem, was mich betrifft, gut aufgehoben wissen. Zugleich öffnet er aber auch meinen Blick. Hin zu den anderen, insbesondere zu denen, denen es womöglich noch schlechter geht als mir, zu denen, die schwach sind und keine Stimme haben. Das ist eine herausfordernde Botschaft. Eine Botschaft, die mich aufrütteln möchte. Gott sagt: Ja, ich sehe dich, und wie es dir geht. Ich sehe deine Sorgen, Ängste und Nöte in dieser Zeit und auch deine Hoffnung in diesem Frühling und deine Sehnsucht nach neuem, beginnenden Leben und einer Perspektive für die Zukunft. Ich bin für dich da. Sei du nun aber auch für die anderen da. Öffne deinen Blick von dir selbst auf die Umgebung und denk auch an die, die ebenfalls Schweres erleben. Nur so, im gemeinsamen Blick, wird Gutes geschehen, Leben ermöglicht.

Das ist ein starker Impuls gegen „Neiddebatten“ der Gegenwart und hin zu produktivem Denken und Handeln für eine gute Zukunft.

„Alles neu macht der Mai …“

Ich erfahre im Moment: Gott beschenkt mich reich mit dem, was in der Natur gegenwärtig auf mich wartet … und woraus ich Kraft schöpfen darf für meinen Alltag. Es ist alles da: die Sonne, das Licht, die Wärme, die Natur mit ihren Pflanzen und Tieren und dem Raum, den ich nutzen kann, um mich z.B. durch einen Spaziergang zu erholen. Der Frühling hat die Macht, Kräfte frei zu setzen. Diese Macht hat auch Gott. Er kann in mir, in Ihnen, in uns allen durch seinen Segen neue Kraft frei setzen, sodass wir dahin gelangen, immer wieder unser Leben neu anzupacken und nach vorne zu schauen, auch für und mit den Menschen, denen wir verbunden sind. Er öffnet zugleich aber auch unsere Augen für die Bedarfe der anderen, die unserer Hilfe bedürfen, sodass „Neiddebatten“ keine Chance haben und das Leben für alle gelingt.

Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Maisonntag und auch eine gesegnete Woche,

Ihre

Petra Handke, Pfrn.