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Ein Brief von mir zum heutigen Sonntag

Wir haben den 14. Februar 2021.

Da bei uns noch immer keine Gottesdienste in unseren Kirchen möglich sind, weil der Lockdown bis zum 7. März verlängert worden ist, habe ich zum heutigen Sonntag hier noch einmal etwas aufgeschrieben.

Ich weiß nicht, ob Sie’s gerade auf der Homepage unserer Kirchengemeinde lesen oder in der Jesus-Christus-Kirche, wo ich einige Exemplare - gerne auch zum Mitnehmen und Weitergeben - ausgelegt habe. (Vielleicht sind wir uns ja auch so vertraut und sind beim „Du“).

Manche Männer haben ja eine ganz eigene Form der Romantik.

Die sagen: „Schatz, dass ich dich liebe, habe ich dir ja bei der Hochzeit gesagt. Wenn es sich ändert, werde ich dir das schon mitteilen.“ Das ist männlich konsequent. Alles andere wäre bloße Wiederholung. Nunja.

Zum Glück gibt es den Valentinstag, der selbst den nüchternsten Kopfmenschen daran erinnert, dass Liebe ab und an Bestätigung braucht. Und das gilt nicht nur zwischen Verliebten.

Wissen Sie eigentlich, was es mit dem Valentinstag auf sich hat?

Ich persönlich stand ihm lange eher verhalten gegenüber. Hin und wieder hört man ja, der Valentinstag sei eine Erfindung von Floristen und Schokoladenherstellern. Aber dem ist natürlich nicht so. Als „Vater“ des Valentinstages gilt ein Valentin, der im 3. Jahrhundert lebte und Bischof von Interamna, dem heutigen Terni in Umbrien in Mittelitalien gewesen ist. Heutzutage ranken sich so viele Mythen und Legenden um diesen Valentin von Terni, dass anzunehmen ist, dass sich die Geschichten verschiedener Menschen vermischt haben oder dass manche schlicht erfunden oder falsch überliefert wurden.

Als gesichert gilt, dass Valentin von Terni als Märtyrer starb. Angeblich wurde er am 14. Februar 269 nach Christus hingerichtet. 200 Jahre später richtete die Kirche daher den 14.02. als Gedenktag ein. So entstand der Valentinstag im ursprünglichen Sinne.

Zu den Legenden, die sich um das Leben des Valentin von Terni ranken, gehören auch diese:

Valentin von Terni war angeblich als Wunderheiler bekannt. Dadurch soll er viele Menschen für den christlichen Glauben gewonnen haben. Das brachte ihn damals - zur Zeit Valentins gab es Christenverfolgungen im Römischen Reich - ins Gefängnis. Während seiner Gefangenschaft soll er die blinde Tochter eines Aufsehers geheilt haben und ihr vor seinem Tod einen Liebesbrief geschickt haben, den er mit „Dein Valentin“ unterzeichnete.Als Priester soll Valentin von Terni Liebespaare trotz Verbots christlich getraut haben. In vielen Erzählungen ist dies der Grund für seine Hinrichtung. Insbesondere für Soldaten war das Heiraten damals verboten und genau die soll Bischof Valentin mit ihren geliebten Frauen ehelich verbunden haben. Angeblich standen die Ehen, die er traute, unter einem besonders guten Stern.

Einer anderen Legende nach war Bischof Valentin auch ein begeisterter Gärtner. Er soll allen Verliebten, die an seinem Klostergarten vorbeikamen, Blumen geschenkt haben. Auch den Brautpaaren, die er - unerlaubt - christlich getraut hat, hat er Blumen als Geschenk überreicht.

Ab dem 14. Jahrhundert entwickelte sich die Tradition, jedes Jahr am 14. Februar, Valentins Todestag, die Liebe zueinander zu feiern. In Deutschland wurde der Valentinstag erst nach dem 2. Weltkrieg (wieder) populär.

Ob dies allen Floristen bekannt ist, weiß ich natürlich nicht. Was ich aber weiß, ist, dass Liebe Bestätigung braucht, nicht nur am Valentinstag.

Apropos „Bestätigung“: Ich las da mal von jemandem, dessen kleines Kind schwer krank wurde. „Falls mein Junge nicht überlebt, will ich, dass er wenigstens eines mitnimmt: dass er von ganzem Herzen geliebt wird. Ich feiere jetzt jeden Tag Valentinstag.“

Nun ist das aber mit kleinen Kindern gar nicht so einfach. Immer, wenn der Vater sagte „Junge, ich hab dich lieb“, erwiderte der nur: „Papa, geh mal aus dem Bild.“ Kranke Kinder gucken eben gerne Filme.

Da überlegte sich der Vater: „Nachts, wenn mein Sohn schläft, ist er mir ja ausgeliefert und kann mich nicht wegschicken.“ Und so schlich er sich jede Nacht - manchmal sogar mehrmals - an das Bett seines Jungen, um ihm zuzuflüstern: „Ich habe dich unendlich lieb“.

Nach mehreren Wochen wurde der Sohn wieder gesund. Sein Vater sagte zu dem, was er erlebt hat: „Natürlich kann ich es nicht beweisen, aber ich bin der festen Überzeugung, dass die Liebe, die wir ihm gezeigt haben, zu seiner Heilung beigetragen hat. Außerdem, meinte er, habe er selbst neu entdeckt, das die Liebe wichtiger ist als alles andere.“

Wenn ich mich wieder einmal an diese Geschichte erinnere, denke ich als Pfarrer: Eigentlich ist der christliche Glaube nichts anderes als 365 Tage Valentinstag. Das Wissen, es gibt einen Gott, der mir täglich zuflüstert: „Ich habe dich unendlich lieb“.

Ja, Liebe tut gut. Manches heilt oder lässt Umstände zumindest aushalten, wenn wir erleben, dass wir geliebt werden.

Mittlerweise sehe ich den Valentinstag mit etwas anderen Augen als früher. Wobei ich mir wünsche, dass immer mehr Menschen davon erfahren, dass dieser Valentin, an den der Valentinstag erinnert, aus reiner Freude an Menschen schenkte. Er wollte nichts verkaufen, keine Geschäfte machen. Er wollte seine Wertschätzung zum Ausdruck bringen – seine Wertschätzung für die Liebe, für die Menschen. Und letztlich für Gott, der die Liebe ist.

Ja, Liebe ist eine Himmelsmacht. Sie macht mein Leben, unser aller Leben, wertvoll – und sinnvoll!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, wünsche ich Dir und auch mir heute, am 14. Februar, und an möglichst vielen anderen Tagen unseres Lebens, dass wir sie erfahren: die Liebe.

Und dass wir sie weitergeben!

Herzliche Grüße

Ihr Klaus Kemper-Kohlhase