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"Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt"

„Da nahm die Prophetin Mirjam, Aarons Schwester, die Pauke in die Hand, und alle Frauen zogen mit Reigentänzen hinter ihr her." Ex 15, 20‐21

Darstellung aus dem Exodus-Zyklus von Marc Chagall

 

Heute, am 29. April, ist der Internationale Tag des Tanzes. Gute Sache, aber ich muss Ihnen gestehen, dass ich beim Thema Tanzen über ausgesprochen wenig Expertise verfüge. Allerdings kommen mir ein paar Stellen aus der Bibel in den Sinn. Die Situationen, in denen da getanzt wird, sind ganz verschieden, aber die Gründe ähneln sich: Freude, Unbeschwertheit und Erleichterung.

Mirjam, die Schwester des Mose, stimmte zum Beispiel über die geglückte Flucht aus Ägypten ein Lied an „und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her“ (2. Mose 15,20). König David „tanzte mit ganzer Hingabe vor dem HERRN her“ (2 Sam 6,14), weil er sich so unbändig über die zurückgewonnene Bundelade freute. Der Prophet Jeremia übermittelt den Exilierten ein göttliches Trostwort, das ihnen mit Bildern voller Tanz und Musik ihre Zukunft ausmalt (Jer 31,4.13): „Du wirst dich wieder schmücken mit deinen Pauken, wirst ausziehen im Reigen der Fröhlichen. … Dann freut sich die Jungfrau beim Reigentanz, ebenso Junge und Alte zusammen“. Und im Gleichnis vom gütigen Vater hört man schon von Weitem „Musik und Tanz“ (Lk 15,25) von dem Fest her schallen, das aus Freude über die Heimkehr des verloren geglaubten Sohnes gefeiert wurde.

Jetzt mögen einige denken: Schön und gut, all diese Beispiele. Mag sein, dass man vor Überschwang und Glücksüberschuss einfach tanzen muss. Wohl denen, die so froh sind, dass sie gar nicht anders können als zu tanzen. Aber wie oft kommen die schon vor, diese goldenen Momente und perfekten Augenblicke? Was ist mit denen, deren Leben in immer gleichem Tagesrhythmus einfach nur so vor sich hin plätschert – eintönig, mittelmäßig, ja langweilig? Und wer hat Lust zu frohem Reigen, wenn die Glücksdichte gering und/oder die Enttäuschungsfrequenz hoch ist? Wie soll man tanzen, wenn das Leben aus dem Takt geraten ist?

Hören wir Worte aus Psalm 30,12: Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt, mein Trauergewand hast du gelöst und mich umgürtet mit Freude.

Das sagt uns etwas. Tanzen ist nicht nur etwas für Glückskinder, die permanent die Welt umarmen möchten. Wir müssen durchaus nicht über die Schatten unserer Traurigkeiten springen. Wir müssen nicht tanzen, wenn wir taumeln. Für alles gibt es eine Zeit: eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz (Prediger 3,4).

Aber dieser Wechsel muss nicht einfach über Zeitablauf geschehen. Wir können – so, wie wir sind und so, wie wir uns fühlen – zu Gott gehen, bei ihm unser Herz ausschütten, klagen, fragen und zur Ruhe kommen. Das ist in Ordnung. Und Gott macht dann etwas daraus. Durch seine Liebe, seine Güte und seine Freundlichkeit strömt uns Kraft zu. Gott verwandelt. Und uns wird froher zumute, manchmal so sehr, dass unser Herz ein bisschen zu hüpfen beginnt. Das kann beflügeln, das kann beschwingen, unser Leben lebendiger machen und uns buchstäblich in Bewegung bringen. Wie das genau aussieht, ist bei jedem und jeder sicher ganz unterschiedlich. Auf jeden Fall geht es dabei nicht um ausgeklügelte Choreographien und perfekte Körperbeherrschung. Es reicht, wenn wir im besten Sinne des Wortes dilettantisch (wörtlich übersetzt: begeistert, erfreut, ja: liebhabend) unsere Seelen und eben auch unseren Körper aktivieren lassen. Und das Beste dabei ist: Gottes Zusagen sind nicht irgendeine Zukunftsmusik, sondern eine Melodie der Hoffnung, die uns schon jetzt berühren und bewegen will – jeden Tag neu, und so eben auch heute - am Tag des Tanzes.

Es grüßt Sie herzlich

Ihre Martina Kämper