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Predigt zu Christi Himmelfahrt

- von Pfarrer Dirk Gogarn

Ein Schüler des Apostel Paulus schreibt am Anfang des Epheserbriefes im 1.Kapitel in den Versen 15-23 Folgendes:

Ich habe von eurem Glauben an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört. Das ist der Grund, weshalb ich unablässig für euch danke. Das tue ich jedes mal, wenn ich im Gebet an euch denke. Dann bitte ich den Gott unseren Herrn Jesus Christus, den Vater von dem alle Herrlichkeit ausgeht. Er gebe euch den Geist, der euch Weisheit schenkt und Offenbarung zuteil werden lässt. So könnt ihr Gott erkennen. Er mache euer Herz einsichtig. Denn ihr sollt wissen, welche Hoffnung mit Gott verbunden ist. Und ihr sollt erkennen, welche Fülle an Herrlichkeit zu seinem Erbe für die Heiligen gehört. Und ihr sollt begreifen, mit welch überwältigend großer Kraft, er in uns Glaubenden wirkt. So entspricht es der Macht und Stärke, mit der er sein Werk vollbringt.

Diese Macht ließ er auch an Christus wirksam werden: Er hat ihn von den Toten auferweckt und an seine rechte Seite im Himmel gesetzt. Dort thront er hoch über den Mächten und Gewalten, Kräften und Herrschaftsbereichen. Er herrscht über alle, deren Namen man im Gebet anruft-nicht nur in dieser, sondern auch in der kommenden Zeit. Alles hat Gott ihm zu Füssen gelegt und ihn zum Haupt über die ganze Gemeinde gemacht. Sie ist sein Leib. So ist sie die ganze Fülle dessen, der alles in allem erfüllt: Christus.

 

Guter Gott, öffne du uns unsere Herzen und Sinne, damit wir uns auf dein großes Geheimnis einlassen können und wir deine Nähe erfahren. Gut tut es sich getragen und gehalten zu wissen in den unterschiedlichen Zeiten des Lebens. Wenn Himmel und Erde zusammenkommen, dann kann Glaube entstehen, dann kann eine große Kraft sich entfalten, die uns hineinstellt in deine Wirklichkeit. Menschwerdung Gottes sieht Gott bei den Sorgen und Nöten der Menschen, aber sie nimmt auch unser Loben und Danken wahr. So komme du in dieser Zeit auch unter uns und gehe alle Wege mit uns. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

mit dem Gedanken einer Himmelfahrt Jesu Christi tun wir uns doch eher schwer. Und was genau geschah an dem 40zigsten Tag nach Ostern, das wissen wir nicht. Wir sind da durchaus anders „gestrickt“ als die Menschen damals. Wir orientieren uns eher an einem naturwissenschaftlichen Weltbild, welches der Verfasser der Apostelgeschichte so noch nicht kennen kann. Gegen unsere gängige Sicht der Dinge kann man einwenden, dass uns gerade die Zeit der Pandemie die Grenzen der Naturwissenschaft aufzeigt. Wir erleben es ja täglich, dass unterschiedliche Virologen unterschiedliche Meinungen haben.

Vor einigen Jahren habe ich selbst einen schweren Verkehrsunfall erlebt und überlebt und gespürt, dass da noch etwas ist, was mich trägt und hält. Ein anderer Bericht über einen Unfall hat mich angerührt. Geschehen im Winter auf der A 45. Als Sauerländer weiß ich darum, wie tückisch und gefährlich die Sauerlandlinie sein kann. Ein Dozent aus dem Rheinland war unterwegs in den westfälischen Teil von NRW. Er fährt angepasst und verantwortungsbewusst, so wie es sich bei Eis und Schnee angemessen ist. Doch dann verliert das Auto die Balance. Die Situation, in die er gerät, schildert er wie folgt: „Wie ein Pingpongball wurde ich gegen die Leitplanke geschleudert, davon zurück gegen die gegenüberliegende, dann wieder zurück, nahm die komplette Seite eines Autos mit, das mir ausweichen wollte. Teile meines Wagens flogen in die Luft und krachten vor mir und über mir wieder herunter. - Die Unfallstrecke wurde später mit 300 Metern Länge vermessen. Das Ganze hatte nur wenige Sekunden gedauert, aber es waren die längsten meines Lebens. Mein Bewusstsein sagte nur immerzu: Wann geht das zu Ende? Und Wie komme ich hier heraus? - Was war geschehen? Bei Wuppertal waren es noch minus 6 Grad gewesen, aber auf der Sauerlandlinie packte der Wind zu. Es wurde marginal kälter. Und bei minus 7 Grad friert auch gesalzenes Eis wieder. Eine kleine Ursache von nur einem Temperaturgrad Unterschied. - War das die Kraft Gottes gewesen, die das Gleichgewicht hält oder kippen lässt? Die uns auf dem schmalen Grad die Balance gibt oder gar hinübergleiten lässt in Tod und Verderben?“

Er hatte überlebt und dieses Überleben hatte sein Bewusstsein verändert. Fast ein Jahr lang konnte er kein Auto mehr fahren. Heute nimmt er seine Termine weitgehend mit dem Zug wahr. Sein Glaube in die Naturwissenschaft ist erschüttert. Verstärkt bringt er sich in die Gemeindearbeit seiner Heimatgemeinde ein. Ich finde das gut so, obwohl ich fest davon überzeugt bin, dass es die ideale christliche Gemeinde nicht gibt. Die Apostelgeschichte damals und einige Kollegen heute färben an dieser Stelle gerne schön. Als ich meinen Unfall hatte, da habe ich viel Besuch und Post bekommen. Menschen aus der Gemeinde waren mit dabei. Menschen haben mit mir gebetet. Das tat mir sehr gut. Es hat mein Herz angerührt und zu meiner Genesung beigetragen. Mit dem Herzen meint die Bibel nichts Vordergründiges, sondern unser Innerstes. Der Schüler des Apostel Paulus meint damit den Ort, wo wir sein dürfen, wie wir sind. Er meint den Ort, wo Gott uns kennt, wo Gott uns trägt, hält und aushält. Und dann tut es mir gut, dass ich mich gehalten weiß von Gott, aber auch von lieben Menschen und seiner Gemeinde hier auf Erden. Der Schüler des Apostels verdeutlicht ganz im Sinne seines Lehrers, dass wir in erster Linie Empfangende sind. Die Kraft Gottes ist ein Geschenk, das wir bekommen, wenn wir uns dafür öffnen. Und dann fängt ein Stück Himmel schon bei uns selbst an, wenn wir Gott an uns heranlassen. Ach, wie war das noch einmal mit dem Himmel? Ich bin da vorsichtig und sehr zurückhaltend mit der Rede vom Himmel auf Erden. Wir Menschen sind und bleiben doch nur allzu menschlich und fehlerhaft. Und alle diejenigen, die den Himmel versprochen haben, die haben meist die Hölle angerichtet. Überlassen wir also den Himmel dem lieben Gott und vertrauen fest auf ihn. Schön ist es doch, darauf vertrauen zu können, dass noch etwas kommt. Etwas, das durchaus nicht in unserer Hand liegt. Etwas, was Raum und Zeit, unser Vorstellungsvermögen überschreitet. Nena singt 1984: „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann. Im Sturz durch Raum und Zeit. Richtung Unendlichkeit. Gib mir die Hand die Zeit ist reif für ein bisschen Zärtlichkeit.“

Die Rede vom Himmel öffnet unseren Horizont hin auf Gottes Ewigkeit und Herrlichkeit. Sie erdet uns aber zugleich zu einem mitmenschlichen Umgang in dieser Welt. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unseren Herrn. Amen.

 

EG 611 Der Himmel geht über allen auf, auf alle über, über allen auf. Der Himmel geht über allen auf, auf alle über, über allen auf.

Kanon für 4 Stimmen. Text: Wilhelm Willms. Melodie : Peter Janssens. 1974