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Was ist uns heilig?

Gedanken zum 2. Buch der Chronik 5,2-14 (Predigttext für den heutigen Sonntag Kantate) von Pfarrer Klaus Kemper-Kohlhase

https://youtu.be/3F9dmyhYV4g

Schön, dass Sie bei unserem kleinen Gottesdienst aus der Meinerzhagener Jesus-Christus-Kirche dabei sind. Hier in der Kirche sind wir nur zu fünft: Ben Köster an der Orgel, Benjamin Tanzius mit seiner Gitarre, Lillian Tanzius als Lektorin, Hinrich Michel, unser Fachmann für die Technik, und ich, Klaus Kemper-Kohlhase, Pfarrer hier in der Evangelischen Kirchengemeinde Meinerzhagen.

Wir freuen uns, bald wieder mit möglichst vielen von Ihnen, die Sie uns jetzt auf Ihrem Bildschirm sehen und ja auch hören können, miteinander Gottesdienst feiern zu können. Möglich wird das ab dem nächsten Sonntag. Auch dann wird noch vieles anders sein aufgrund der vorgegebenen Regelungen angesichts der Ausbreitung des Corona-Virus, aber wir werden immerhin die Möglichkeit haben, wieder gemeinsam an einem Ort feiern zu können.

Wir werden mit der Wiederaufnahme unserer Gottesdienste in der Johanneskirche beginnen und dorthin einladen. Aber jetzt sind wir hier, hier in der Jesus-Christus-Kirche.

Die Sonntage nach Ostern haben alle miteinander lateinische Namen. Der heutige heißt „Kantate“. Viele wissen’s oder ahnen es: In „Kantate“ steckt das lateinische Wort „cantare“, zu Deutsch: singen. Eigentlich sollte demensprechend heute das Singen im Vordergrund stehen. Doch da gemeinsames Singen besonders hohe Infektionsrisiken birgt, so heißt es im Eckpunktepapier der EKD, sollte darauf bis auf Weiteres verzichtet werden. Musik wird es trotzdem geben, dank Euch beiden, Benjamin und Ben! So lasst uns diese kleine Zeit der Besinnung miteinander verbringen im Vertrauen darauf, dass ER, Gott, bei uns ist, wo immer wir uns auch gerade aufhalten.

Von IHM heißt es im Psalter (Psalm 22 i. A.)

„Du bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels.

Unsere Väter hofften auf dich;

und da sie hofften, halfst du ihnen heraus.

Auf dich, Gott, bin ich angewiesen seit meiner Geburt.

Vom ersten Atemzug an bist du allein mein Gott.

Du bist meine Stärke.“

 

1.) In dem Bibeltext, der für den heutigen Sonntag, dem Kantate-Sonntag, empfohlen wird, geht es natürlich um’s Singen und Musizieren. Beim Meditieren über diesen Text - es geht da um die Einweihung des Tempels, und die Bundeslade, die von den Priestern in das Innerste gebracht wurde, es geht also um das Allerheiligste der Jude - da habe ich mich gefragt, was ist denn uns heilig?

Die Antworten auf diese Frage werden heutzutage wohl sehr vielfältig ausfallen.

Obenan steht für die meisten in dieser außergewöhnlichen Zeit die Gesundheit. „Bleib gesund“ das sind z.Zt. wohl die am häufigsten gebrauchten Worte am Ende einer Begegnung.

Ja, was ist Ihnen heilig? Ist es die Familie? Sind es die Freunde? Für manche sind es auch Gegenstände, auch solche in Kirchen. Beim Volk Israel war die Lade heilig, die Bundeslade, ein tragbarer Holzkasten, der die Zehn Gebote enthielt.

U. a. im 2. Chronikbuch (5,-14) wird beschrieben, wie sie nach einem Raub nach Jerusalem zurückkehrt.

Endlich ist das Heilige, die Lade, an einem festen Ort. Dem Ort der Anbetung. Dem Ort des Lobes und des Gesangs. Das Herumstreunen des Heiligen hat ein Ende.

2.) Ein Mann, dem scheinbar nichts heilig war, war der Baron von Münchhausen. Ich komme gerade auf ihn, weil ich gelesen habe, dass er morgen, am 11. Mail, dreihundert Jahre alt würde. Wer kennt ihn nicht, diesen Baron aus dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg. Er war ein Schlitzohr, der Menschen mit seinen Geschichten gerne auf den Arm nahm. So will er einmal mit seinem Pferd durch eine fahrende Kutsche gesprungen sein.

Lügengeschichten haben eine lange literarische Tradition, auch im talmudischen Judentum und im Orient.

Aber mit ihren Übertreibungen verweisen sie zuletzt auf das, was wirklich wahr ist und uns im Zusammenleben mit Menschen heilig sein muss: die Wahrheit.

3.) Die Wahrheit sollte uns heilig sein - wie die Anbetung dessen, der die Wahrheit ist, Gott nämlich.

Gott lügt nicht. „Dein Wort ist wahr und trüget nicht“ (EG 473,3), heißt es in einem Choral aus unserem Gesangbuch.

Wenn wir uns also an Gott wenden, wenden wir uns der Wahrheit zu.

Das wird das Volk Israel im Laufe seiner Geschichte, die damals ja erst am Anfang stand, noch schmerzhaft erleben, wenn Propheten im Namen Gottes die Wahrheit über das Volk sagen werden.

Treten wir ehrlich vor Gott; und durchschauen wir möglichst die Lügen, mit denen wir uns manchmal umgeben, und bitten wir ihn, den Gott der Wahrheit, dass er uns zur Wahrheit auch über uns selbst führt

Wir kommen von Ostern her und gehen auf Pfingsten zu. Dann werden wir’s sicher wieder singen, dieses Lied (EG 136,1)

„O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein.“

Was ist mir heilig? Die Wahrheit. Und sie ist es über Kantate und die Zeit der Corona-Krise hinaus!

 

Fürbittengebet

In Zeiten der Krise sind auch wir manchmal wie mit Blindheit geschlagen. Lasst uns unsere Augen öffnen für die Menschen in Not
Für die an Covid19 Erkrankten, für all diejenigen, die um ihr Leben kämpfen, und für die, die in Bereich der Medizin und der Pflege tätig sind.

Für Forscherinnen und Forscher und alle, die Entscheidungen treffen müssen in Politik, Verwaltung und Unternehmensleitungen.

Für alle, die weiterarbeiten im Einsatz für andere. Für alle, die die Arbeit wieder aufnehmen können. Für alle, die weiterhin von Beschränkungen existenziell betroffen sind.

Gott wir bitten dich für die Abiturientinnen und Abiturienten für alle Schülerinnen und Schüler, die wieder zur Schule gehen können, und für diejenigen, für die weiterhin nur Home-schooling möglich ist.

Wir denken an die von Corona Betroffenen in Ländern mit mangelnder staatlicher Hilfe. Für Menschen auf der Flucht oder in überfüllten Lagern.

Gott, vor dir denken wir an die Besorgten und für die Sorglosen, an die Ungeduldigen und für die Mahnerinnen und Mahner, an die Überforderten und für die Gelangweilten.
Wir beten für die Einsamen, für alle, die Nähe vermissen, für alle, die nicht wagen, um Hilfe zu bitten. Für alle, die Begleitung und Beistand bieten - so, wie es möglich ist.

Wir beten für unsere muslimischen Nachbarn und für alle, die unter vielen Einschränkungen den heiligen Fastenmonat Ramadan feiern. Für alle, die an den einen Gott glauben; für alle, die aktiv Frieden suchen und stiften - auch zwischen den verschiedenen Religionen.

Du, unser Gott, hast Jesus Christus ins neue Leben geführt; begleite auch uns in aller Not und Bedrängnis und lass uns das neue Leben erfahren, das du uns schenkst; denn Du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben.

 

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gibt uns heute.Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Ihr Pfarrer Klaus Kemper-Kohlhase