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Predigt zum Palmsonntag

von Pfarrer Dirk Gogarn:

Hebräer 11,1.2.8-12.39.40; 12,1-3

Der Glaube ist eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. In diesem Glauben haben die Alten Gottes Zeugnis empfangen. Durch den Glauben wurde Abraham gehorsam, als er berufen wurde an einen Ort zu ziehen, den er erben sollte; und er zog aus und wusste nicht, wo er hinkäme. Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen im Land der Verheißung wie in einem fremden Land und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung. Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist. Durch den Glauben empfing auch Sara, die unfruchtbar war, Kraft Nachkommen hervorzubringen trotz ihres Alters; denn sie hielt den für treu, der es verheißen hatte. Darum sind auch von dem einen, dessen Kraft schon erstorben war, so viele gezeugt worden wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Ufer des Meeres, der unzählig ist. Diese alle haben durch den Glauben Zeugnis empfangen und doch nicht die Verheißung erlangt, weil Gott etwas Besseres für uns vorgesehen hat: dass sie nicht ohne uns vollenden würden. Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns umstrickt. Lasst uns laufen mit Geduld in den Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zu Rechten es Thrones Gottes. Gedenkt an den, der so viel an Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, dass ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.

 

Guter Gott, Glaube und Geduld, das sind Themen, die bei uns leicht zu Mangelerscheinungen werden können. Wie oft lasse ich den lieben Gott einen guten Mann sein. Und in den Krisen des Lebens da werde ich ungeduldig und versuche, mir selbst zu helfen. Guter Gott, darum führe uns doch wieder in deine Gemeinschaft hinein. Schenke uns Glaube und Geduld, heute und alle Tage unseres Lebens. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

nun sind wir wieder am Start der Karwoche. Die Karwoche ist eine Woche, in der sich die Themen um das Leiden und Sterben Jesu verdichten. Eine Woche, in der die Ungerechtigkeit dieser Welt scheinbar die Überhand behält.

Und doch fing in dieser Woche zunächst alles recht zuversichtlich an. Bei seinem Einzug in Jerusalem wurde Jesus mit Jubel begrüßt. Ihm galt ein Jubel, mit dem ansonsten nur große Hoffnungsträger bedacht wurden. Dann kam es innerhalb weniger Tage zum Stimmungsumschwung. Nichts mehr war vom Jubel des Einzugs zu hören. Menschen forderten lautstark und gehässig seine Hinrichtung am Kreuz. Dieser schnelle Stimmungswechsel - von einem Extrem ins andere - ist für mich ein Zeichen dafür, wie vorsichtig man mit Stimmungen umgehen sollte. Stimmungen sind immer volatil. Es ist besser, man verfolgt seine Linie, als dass man sich von Stimmungen leiten lässt. Das schließt natürlich nicht aus, dass man auf das genau hört, was Menschen denken und fühlen. Wenn Menschen Personen und Situationen mit Hoffnungen überfrachten, dann kann es schnell zu Enttäuschungen kommen. Möglicherweise spricht auch der Hebräerbrief hinein in eine solche Situation. Er mahnt die Christen der zweiten und dritten Generation bei dem Glauben zu bleiben, den ihre Mütter und Väter vertreten haben. In der Alltagswelt droht der Glaube immer wieder an den Rand gedrängt zu werden oder verloren zu gehen. Darum ist eine feste Verwurzelung im Glauben wichtig, um nicht zu wanken, wenn die Stimmungen sich ändern oder wir Menschen anderen Dingen Priorität verleihen. Den Glauben als Kraftquelle für die Bewältigung des Lebens in seinen unterschiedlichen Herausforderungen sollten wir uns nicht leichtfertig abschneiden.

Mir persönlich tut eigentlich immer der Besuch einer Kirche gut, auch weil ich dabei daran erinnert werde, dass Menschen vor mir hier einen Ort errichtet haben, wo Raum ist, um den Glauben zu pflegen. Für mich muss eine solche Kirche weder ein Dom sein noch der Barock in seiner wunderbaren Prachtentfaltung. Eine schlichte Holzkapelle erweist mir da durchaus ihren Dienst. Solche Holzkapellen wurden zwischen 1621 und 1631 in Ostbayern gebaut. Sie wurden damals der Heiligen Corona geweiht, als Kraftorte gegen die Pest. Diese Schutzheilige soll Menschen in Geldnöten, Metzgern und gegen Seuchen Beistand leisten. Ich denke, wenn es Menschen gibt, die aus ihrer christlichen Motivation heraus, andere schützen und ihnen helfen, dann ist das immer gut. Nach unserem evangelischen Verständnis kann so eine jede Christin zu einer Heiligen und ein jeder Christ zu einem Heiligen werden. Der Hebräerbrief mag uns dazu ermutigen, bei dieser Sache zu bleiben, auch dann wenn vordergründig gerade andere Haltungen und Handlungen mehr öffentliches Interesse für sich beanspruchen.

Mit dem Palmsonntag stehen wir an der Schwelle zur Karwoche. Das Leben gewinnt an Erfahrung und Tiefe, wenn wir auch die schwierigen Facetten des Lebens nicht ausblenden. Diese Tage lehren uns, dass die „starken Typen“ nicht immer unbedingt die Siegertypen sein müssen. Die jubelnden Menschen hätten das möglicherweise schon erahnen können, als Jesus auf einem Esel in Jerusalem einzieht. Er stellt sich dem Komplott, das längst gegen ihn im Gange ist. Er weiß um den ungewissen Ausgang dieses Macht- und Ränkespiels. Er will nicht sterben, aber er ist letztlich doch bereit dazu. In der Karwoche treffen wir nicht den Siegertypen an, sondern den Schmerzensmann. Und dieser Mensch ist gerade in seiner Schwäche ein „starker Typ“. Wir begegnen dem menschgewordenen Gott, der uns begleitet in Freud und Leid. Unsere Niederlagen und unsere Ratlosigkeit hält dieser Gott mit uns aus und durch. Damals in der Karwoche in Jerusalem setzt sich Gott sogar dem Stimmungsumschwung der Menschen aus. Menschen werden manipuliert. Sie schließen sich dem Komplott gegen Jesus an. Innerhalb weniger Tage wird aus dem Jubel die Forderung der Todesstrafe. Die Stimmung ist gekippt. Der Hebräerbrief will uns gegen solche Stimmungswechsel wappnen, indem er uns fest verwurzelt im Glauben. Dieser Glaube reicht weit zurück in die Geschichte Israels. Die Geschichte Gottes mit dem Volk Israel in all ihren Wechselfällen ist ein Zeugnis von Gottes Treue. Der Hebräerbrief sagt das weiter an die Menschen seiner Generation. Seine Väter und Mütter, seine Großväter und Großmütter haben erlebt, wie dieser Gott zu dem bejubelten und geschmähten Jesus und den Seinen gestanden hat. Sie haben es erlebt, wie Gott in Leid und Tod treu geblieben ist, um den todbringenden Mächten die Macht zu nehmen. Die Überhand haben letztlich nicht die Schmäher und Spötter, sondern die Anhänger Jesu, die mit ihrer hoffnungsfrohen Botschaft von Jerusalem hinaus in die ganze weite Welt ziehen. Gerne mag ich Kraft schöpfen aus diesem Glauben heraus. Weil das Menschen vor mir auch schon taten, kann ich das in einer Kirche tun. Den wechselnden Stimmungen der Welt und ihrer Menschen kann ich dabei in Gelassenheit und Geduld standhalten. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus unserem Herrn. Amen.

 

„Da wohnt ein Sehnen tief in uns ...“

Text und Melodie Anne Quigley/deutsch: Eugen Eckert

Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott, nach dir, dich zu sehn, dir nah zu sein. Es ist ein Sehnen, ist ein Durst nach Glück, nach Liebe, wie nur du sie gibst.

1. Um Frieden, um Freiheit, um Hoffnung bitten wir. In Sorge, in Schmerz– sei da, sei uns nahe, Gott.

2. Um Einsicht, Beherztheit, um Beistand bitten wir. In Ohnmacht, in Furcht – sei da, sei uns nahe, Gott.

3. Um Heilung, um Ganzsein, um Zukunft bitten wir. In Krankheit, im Tod – sei da, sei uns nahe, Gott.

4. Dass du, Gott, des Sehnen, den Durst stillst, bitten wir. Wir hoffen auf dich -sei da, sei uns nahe, Gott.

Bild: Kees de Kort