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Gedanken zur Jahreslosung 2022

Herzlich willkommen! „Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.” (Johannes 6,37)

Das Johannesevangelium ist ein ganz anderes Evangelium als das von Matthäus, Markus und Lukas. Dies merkt man schon am Anfang, wenn das hymnenhafte „Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und in allem war es Gott gleich.” (Joh 1,1) in die „Gute Nachricht nach Johannes” einleitet. Hier wird uns Jesus Christus als das Wort in Person, das von Gott zu uns in die Welt gekommen ist, vorgestellt.

„Ich bin dabei”

Vorstellung ist hier ein gutes Stichwort. Denn Johannes kennt im Vergleich zu Markus, Matthäus und Lukas eine einzigartige und besondere Form, in der Jesus von sich, und damit auch von Gott, spricht: die sieben „Ich bin”-Worte. Wenn jemand von sich selbst spricht, ist das auch heute noch etwas Besonderes. Wie oft reden wir über andere und wie selten hören wir zu, wenn jemand selbst erzählt, was ihn oder sie ausmacht? Wie besonders ist es dann, wenn Johannes Jesus selbst über sich zu Wort kommen lässt?

Als das Brot des Lebens, das Licht der Welt, die Tür zu den Schafen, als der gute Hirte, die Auferstehung und das Leben, der Weg, die Wahrheit und das Leben und als der wahre Weinstock bezeichnet sich Jesus dort. Worte, die damals wie heute Symbolcharakter und für viele von uns besonderen Wert haben.

Sie begründen sich auf der Situation am brennenden Dornbusch, in der Gott sich Mose mit „Ich bin, der ich bin” (Ex 3,14) vorstellt. Wie Mose damals kommen auch wir heute ins Stocken und fragen uns vielleicht: „Ich bin, der ich bin. Und wer ist das?” Hier ist das „Sein” aber nicht als philosophischer Begriff gemeint, sondern bezieht sich auf das „Mit- Sein” und das „Da-Sein”. „Ich bin, der ich bin” heißt also viel mehr „Ich bin da” oder „Ich bin dabei”.

Ohne wenn und aber

Der Gott, an den wir glauben, ist also einer, der sagt „Ich bin dabei”. In den „Ich bin”-Worten stellt sich Jesus stellvertretend für diesen Gott genauer vor. Das Brot steht für die Nahrung, die uns Kraft gibt; die Tür und der Hirte für Schutz und Behütung; der Weg für Hoffnung und eine neue, gute Perspektive und das Licht für Erkenntnis und Orientierung, um nur einige Beispiele zu nennen. In der Jahreslosung für 2021 sagt dieser Jesus nun: „Wer zu mir kommt, den will ich nicht abweisen”. Wow! Wer könnte diesen Satz so sonst sagen? Eher hören und sagen wir: „Grundsätzlich total gerne, nur gerade ist echt stressig” oder „Wenn das endlich abgeschlossen ist, machen wir unbedingt einen Termin”. Jesus sagt das nicht. Er sagt uns: „Herzlich willkommen! Ich bin dabei!” Unabhängig von zeitlichen Begrenzungen, Datenvolumen und ohne wenn und aber hält er seine Tür für uns offen. Und das gilt für jede und jeden. Vorher muss keine Freundschaftsanfrage gesendet und kein Kriterienkatalog erfüllt werden. Wer zu ihm kommt, ist willkommen. Wie gut, das zu hören!

Zusage und Vorbild

Die Jahreslosung sagt uns allen, dass wir herzlich eingeladen sind, Anteil zu haben an dem, was Gott für uns hat und dass wir jederzeit und an jedem Ort herzlich willkommen sind, mit ihm in Kontakt zu treten. Sie lädt uns aber ebenfalls ein, trotz unserer begrenzten Kapazitäten auch selbst immer wieder unsere Türen, Herzen und Kalender zu öffnen und uns Zeit für andere zu nehmen. Wir können zwar keine Einladung ohne Limits aussprechen, wie Jesus sie an uns richtet. Aber wir können uns mit unseren Begrenzungen und Fehlern, die er kennt, und uns trotzdem einlädt, bewusst vornehmen, seinem Vorbild zu folgen, ohne perfekt sein zu müssen.

Herzlich willkomen zuhause

Wenn ich persönlich an einen Ort denke, an dem ich nicht abgewiesen werde, denke ich an ein „Zuhause“, English „home”. Im Oxford English Dictionary findet man dafür folgende Definition (übersetzt): „Ein Zufluchtsort, ein Schutzraum; ein Ort oder eine Region, zu der man von Natur aus gehört oder wo man sich wohlfühlt”. Ein solches Zuhause bietet uns Jesus an. Das bringt Gewissheit, dass wir nie heimatlos und allein durch das Leben gehen müssen und nie Menschen sind, für die sich niemand interessiert und die nirgendwo dazugehören. Wie der Vater zum verlorenen Sohn (Lk 15,11-32) empfängt Jesus uns alle mit offenen Armen und ruft uns zu: „Willkommen zuhause!” Darauf dürfen wir uns verlassen. Und mit dieser Zusage und Einladung dürfen wir in die Adventszeit, in das neue Kirchenjahr und in das neue Kalenderjahr 2022 gehen. Dafür wünsche ich Euch und Ihnen alles erdenklich Gute und Gottes Segen und die Gewissheit der Jahreslosung, dass wir bei Jesus in jedem Moment herzlich willkommen sind.

Ihr und Euer Florian Theis